Vor Kurzem hat mich ein Kunde gefragt, ob ich nicht die bestehenden Innovationstätigkeiten in seinem Unternehmen überprüfen und Ihm eine ehrliche Meinung geben könnte, inwiefern sein Unternehmen "zukunftsfähig" aufgestellt sei.
Diese Aufgabe nehme ich jetzt einmal zum Anlass, eine Artikelserie über Handlungsempfehlungen in den unterschiedlichen Abteilungen zu schreiben, da ich glaube, dass der ein oder andere Unternehmer ähnliche Herausforderungen zu bewältigen hat und beginne die Serie mit der F&E Abteilung.
(Im weiteren Verlauf der Serie gehe ich dann noch auf die Einkaufs-/, Fertigungs-/, Marketing-/ und Vertriebsabteilung ein.)
Vorab, ich finde es für jede einzelne Abteilung essentiell, vom Kunden her zu denken. Jedes Unternehmen hat nur einen einzigen Existenz-Zweck und der besteht darin, seinen Kunden einen gewissen Nutzen zu einem, dem Nutzen entsprechenden, Preisverhältnis zu bieten.
Somit muss jede Abteilung darüber nachdenken, welchen Nutzen sie dem Kunden bieten kann und welchen Preis (Geld, zeitlicher Aufwand, Kundendaten, etc.) der Kunde hierfür aufwenden muss.
Übersetzen wir diese Prämisse nun auf die F&E Abteilung ergibt sich folgendes Bild:
Zukunftsfähige F&E Abteilungen verbringen viel Zeit damit, Kunden zu treffen und ihnen zuzuhören, um deren Problemen und Potentiale zu erfahren.
Um zu vermeiden, dass neue Produkte oder Lösungen in der F&E Abteilung entwickelt werden, nur weil es "technisch machbar" ist, ist die Fokussierung auf Kundenprobleme und/oder Kundenpotentiale ein enorm wichtiger Schritt. Zu oft werden in Unternehmen die bestehenden Produkte/Lösungen "nur" evolutionär verbessert, ohne dabei auf veränderte Kundenbedürfnisse zu achten. Dieser prozessuale Fehler ist der Hauptgrund für mögliche disruptive Angriffe von Wettbewerbern, die den Kunden so gut wie nie auf der Produktebene ein besseres Produkt anbieten, sondern bisher unbefriedigte Bedürfnisse besser lösen, als es die etablierten Anbieter bisher gemacht haben.
Zukunftsfähige F&E Abteilungen begrüßen die Einbeziehung von Marketing-, Fertigungs- und anderen Abteilungen für jedes neue Innovationsprojekt.
Das Silodenken nicht mehr zukunftsfähig ist, sollte mittlerweile jedem klar sein. Die Einbeziehung von weiteren Abteilungen frühzeitig im Prozess ist eine wichtige Stellschraube, da dadurch zum richtige Zeitpunkt über Produktionsverfahren (z.B. Vermeidung von Ausschuss, schnellerer Produktionsprozess, bestehende Lösungen, Sourcing, etc.), Vermarktungsmöglichkeiten (welche Kunden in welchen Märkten auf welchen Kanälen, ...) nachgedacht werden kann und somit wichtige Potentiale berücksichtig werden können.
Zukunftsfähige F&E Abteilungen bewerten die Produkte der Wettbewerber und suchen nach "Best of Class"-Lösungen.
Eine moderne und zukunftsfähige F&E Abteilung ist kein "inzestuöses Konstrukt". Sie beschäftigt sich intensiv mit den Produkten und Lösungen der Wettbewerber, aber auch der Anbieter aus anderen Branchen und analysiert vor allem auch die jeweilige Logik der Geschäftsmodelle hinter den Produkten/Lösungen (Wie verdient das Unternehmen Geld mit der angebotenen Lösung? Buchempfehlung: St. Gallener Business.Model-Navigator"). Diese Erkenntnisse aus den betrachtetet "Inspirationen" fliessen dann sinnvoll in die eigene Produkt-/ Lösungsentwicklung mit ein
Zukunftsfähige F&E Abteilungen bitten um Kundenreaktionen und Anregungen im Projektverlauf.
Das typisch deutsche "Wasserfall-Verfahren" in welcher ein Produkt oder eine Lösung solange konzipiert und entwickelt wird (mit rein theoretischen Annahmen), bis es auf dem Papier perfekt erscheint und es erst dann das erste Mal (meist Jahre später) mit dem Kunden in Kontakt kommt hat hoffentlich in allen F&E Abteilungen längst ausgedient.Moderne Verfahren wie "minimum-viable-product"-Ansätze (MVP) sind das Gebot der Stunde. Ziel hierbei ist es, dem Kunden so schnell wie möglich ein Produkt oder eine Lösung anzubieten, welche ihm einen großen Nutzen bringt, um seine Reaktion beobachten zu können und Feedback einzuholen, um daraus die nächsten Entwicklungsschritte zu planen.
WICHTIG! Das bedeutet nicht, dass man dem Kunden Produkte oder Lösungen anbietet, die fehlerhaft sind und dem Kunden das "bugfixing" überlässt, sondern dass man die angedachten Funktionalitäten Stück für Stück ins Produkt oder die Lösung packt (angefangen von der "low-hanging-fruit" = geringster Entwicklungsaufwand zu größtmöglichem Kundennutzen) und immer wieder Feedback einholt und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt:
Das Produkt oder die Lösung ist viel schneller am Markt, als in klassischen Entwicklungsprojekten und kann schon einmal Umsatz generieren, oder Daten sammeln.
Die Gefahr, dass das angedachte Produkt oder die Lösung am Markt vorbei entwickelt wird (weil aus dem Elfenbeinturm heraus konzipiert) und am Markt scheitert, wird deutlich minimiert, wenn nicht gar ausgeschlossen
Zukunftsfähige F&E Abteilungen verbessern und verfeinern das Produkt oder die Lösung kontinuierlich auf Basis von Marktfeedback.
Die logische Konsequenz aus MVP ist natürlich, dass Produkte oder Lösungen permanent weiterentwickelt werden können. Die Kombination aus Marktfeedback und weiteren Funktionalitäten, welche schon im ersten Konzept (Elfenbeinturm)angefacht waren, können Stück für Stück ins Produkt oder die Lösung implementiert werden, um das Produkt oder die Lösung stets lebendig und aktuell zu halten.
WICHTIG! Auch hier zählt weiterhin das Nutzen-/Preisverhältnis als oberstes Kriterium aller Handlungen! Welche zusätzlichen Nutzen generiert meine neue Funktionalität für den Kunden und welche angemessenen Preis muss er dafür zahlen.
Es gibt natürlich noch weitere wichtige Handlungsempfehlungen für F&E Abteilungen (zum Beispiel ein hochprofessionelles Technologiemanagement, etc.), aber ich will nicht zu viele Empfehlungen aussprechen, um das Ganze überschaubar zu halten.
Sollten Sie an weiteren Empfehlungen für die F&E Abteilung interessiert sein, können Sie mich jederzeit gerne direkt kontaktieren!
sw@boostinnovation.de
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