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Digitalisierung: Gießkanne ist out

Die Digitalisierung macht völlig neue Services möglich, schafft neue Wege der Kundenansprache, bietet aufgrund von mehr Kundendaten ein viel genaueres Bild jedes Einzelnen und ermöglicht somit individualisierte Produkte und Services. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen B2C und B2B. Letztlich geht es darum, wie Unternehmen durch Know-how, das von Sensoren, gutem Zuhören und Informationen aus vergangenen Interaktionen kommen kann, antizipieren können, was der Kunde braucht und zwar noch bevor dieser seinen Bedarf beziehungsweise sein Problem überhaupt geäußert hat. Das gestaltet sich in der Praxis schwieriger als angenommen, denn immer noch haben manche Unternehmen nicht verstanden, dass sie dafür ihre Prozesse und vor allem ihre Denk- und Herangehensweise ändern müssen. Unternehmen und ihre Mitarbeiter brauchen ein Mindset, mit dem sie Produkte und Dienstleistungen für den Kunden aus Sicht des Kunden, zur Lösung seiner Probleme entwickeln und nicht nur, weil etwas technisch möglich ist. Das muss sich bereits in der Entwicklung von Smart Services niederschlagen.

Daten sind nur die halbe Miete

„Daten sind das neue Öl“, heißt es. Das stimmt nur teilweise, denn wer nicht weiß, wozu er welche Daten sammelt, tut nichts weiter als mit sinnlosen Informationen viel Speicherplatz zu belegen. Am Anfang von Smart Services steht immer die Frage: „Welches Problem des Kunden soll eigentlich gelöst werden?“ Sobald Problemlösungen für den Kunden auf dem Tisch liegen, geht es darum schnelles Feedback der Kunden/Nutzer zu sammeln, damit zu experimentieren und die Lösung ständig zu verbessern. Dafür sind drei grundlegende Eigenschaften nötig:

Eine sehr, sehr große  Customer Centricity,eine Geisteshaltung, die auf die Lösung von Problemen ausgerichtet ist undfortgeschrittene Kompetenz bei der Nutzung von Technologie und der Kombination verschiedener Sichtweisen.

Darüber hinaus sollten neue Smart Services dem Kunden immer einen Mehrwert bieten und das Unternehmen bei den Investitionen nicht überfordern. Am wichtigsten sind jedoch Menschen mit einer tiefen Service-Orientierung. Auf Kundenseite könnten hier zum Beispiel Sensoren (Temperatur, Vibration, Druck,...) für Predictive Maintenance zum Einsatz kommen und auf Unternehmensseite das Know-how hinter den Sensoren, mit dem die Daten aus den Sensoren interpretiert und in Handlungen „übersetzt“ werden. Ziel sollten hier automatisierte Prozesse sein, die dem Kunden selbstständig Mehrwerte generieren. Die Daten der Sensoren sind lediglich die Enabler für Handlungen. Das heißt, es muss klar sein, was mit den Daten geschieht: Wenn A eintritt, muss dies oder jenes geschehen und die Information muss die entsprechenden Zielpersonen erreichen. Daten oder Informationen alleine bewirken gar nichts. Wichtig ist, was mit ihnen getan werden soll. Die  entscheidenden Fragen, die es zu klären gibt, sind also: Welche Informationen werden benötigt und wo kommen sie her? Was wird mit diesen Informationen getan? Geht es beispielsweise um Reaktionszeiten auf Kundenanfragen, könnte es sich lohnen, herauszufinden, welche Touchpoints Kunden bevorzugt nutzen.

Den Kunden befähigen

Auch bei der Interaktion mit den Kunden unterstützen digitale Technologien. Beispielsweise können die Unternehmen ihren Kunden Informationen zur Verfügung stellen, mit denen diese ihre Probleme selbst vermeiden und lösen können, bevor sie überhaupt entstehen. Dafür braucht der Kunde genau zum richtigen Zeitpunkt relevante Informationen über relevante Kanäle wie Kundenplattformen, Apps oder Newsletter. Wenn der Kunde zum Beispiel weiß, wann man für die Heizung Wasser nachfüllen oder wann man am besten die Regenrinnen vom Laub befreien muss, entstehen viele Probleme erst gar nicht, wie der Ausfall der Heizung oder Wasserschäden, die teuer beseitigt werden müssen. Unternehmen sollten sich also überlegen, wo beim Kunden sie beispielsweise sinnvoll Sensoren installieren könnten, die ihnen zeigen, wann beim Kunden etwas nicht mehr richtig läuft, zum Beispiel Crash-Sensoren in Helmen, Temperatur- und Vibrationssensoren in Rasenmähern, Bohrmaschinen und Heckenscheren etc.

Interessant ist auch der Bereich „Self Services“, mit dem Kunden befähigt werden, jederzeit und über viele Plattformen hinweg genau die Antwort auf eine Frage zu erhalten, die sie gerade beschäftigt. Das Unternehmen kann ein passgenaues Angebot für diesen Bedarf anbieten, ohne in persönliche  Aktion mit dem Kunden zu treten, ihm aber gleichzeitig das Gefühl vermitteln, bedingungslos für ihn  da zu sein und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Zu den Self Services zählen unter anderem FAQs, Chatbots, virtuelle Assistenten und Erklär-Videos. Es geht um relevante, kundenindividuelle Informationen – die Gießkanne ist out. Nur wer den Kunden kennt und ihn genau dort abholt, wo er sich gerade befindet, wird Erfolg haben.

Technologie unterstützt den Menschen

Technologie hat immer die Hauptaufgabe, dem Menschen Zeit zu sparen. Die eingesparte Zeit sollte sinnvoll für diejenigen Fälle eingesetzt werden, in denen der persönliche Kontakt unerlässlich ist. Aber auch hier sollte der Mensch durch die Technologie unterstützt werden, damit er seine „menschlichen“ Fähigkeiten wie Empathie und Kreativität bestmöglich einsetzen kann, um dem Kunden zu dienen. Der persönliche Kontakt spielt eine enorm wichtige Rolle, aber auf einem anderen Niveau. Zum Beispiel braucht niemand mehr reine „Bestellabholer“ im Vertrieb, sondern echte Markenbotschafter und Problemlöser.

Alles was der Kunde selbst lösen kann, sollte er mit Unterstützung leicht anwendbarer und selbsterklärender Technologie auch selbst lösen dürfen. Wünscht er persönlichen Kontakt, sollte das ebenfalls leicht und ohne großen Aufwand ermöglicht werden. Im Idealfall unterstützt Technologie den persönlichen Kontakt, indem sie alle relevanten Informationen bereitstellt und sich der Mensch ausschließlich auf den persönlich generierbaren Mehrwert konzentrieren kann. Die Technologie darf den Kunden nicht vergraulen. Tut sie es doch, weil er zum Beispiel ständig Nummern in einer Hotline drücken muss, aber keine brauchbaren und schnellen Lösungen für seine Probleme findet, stecken dahinter schlechte Prozesse und eine miese Datenlage. Jedes Unternehmen sollte sich fragen, was seine Prozesse beim Kunden bewirken sollen. Warteschleifen und unnötiges Nummern drücken bilden wieder die „Gießkanne“ ohne Intelligenz ab, nur auf anderen Kanälen. Im Idealfall sollte das Unternehmen das Problem/die Anfrage des Kunden so schnell wie möglich verstehen und ihn schnellstmöglich zu der für ihn bestmöglichen Lösung geleiten. Services, die sich wirklich an den Kundenbedürfnissen orientieren, funktionieren unter drei Voraussetzungen:

Im Unternehmen ist größtmögliches Wissen über den Kunden verfügbar (smart data).Einfache, selbsterklärende, plattformunabhängige Prozesse haben das Ziel, den Kunden ohne Eingabe von bereits bekannten Informationen zum individuell gewünschten Ziel zu führen, unterstützt durch KI, Chatbots, virtuelle Assistenten etc.Dort wo es notwendig ist und wo es darauf ankommt, kommt menschliche Intelligenz mit ausreichender zeitlicher Verfügbarkeit zum Einsatz.


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